Wissenschaftshafen Magdeburg

Ein Ort im Wandel: Vom Handelshafen zum Zukunftsquartier

Der Magdeburger Handelshafen, Ende des 19. Jahrhunderts erbaut, war einst einer der modernsten Binnenhäfen Deutschlands. Bis zu 1,4 Millionen Tonnen Zucker, Getreide und Kali wurden hier umgeschlagen – ein Sinnbild für den wirtschaftlichen Aufschwung der Region. Prägende Bauwerke wie die Reichseinheitsspeicher, der Getreidespeicher GHI oder die 1894 errichtete Eisenbahnhubbrücke – die älteste ihrer Art in Deutschland – zeugen noch heute von dieser Blütezeit.
In den 1920er und 30er Jahren erlebte der Hafen seine Hochphase, bevor er 1945 im Bombenhagel fast vollständig zerstört wurde. Nach dem Krieg diente er als Umschlagplatz für den Wiederaufbau Magdeburgs, verlor jedoch in der DDR-Zeit zunehmend an Bedeutung und wurde schließlich stillgelegt.
Heute ist der Handelshafen ein einzigartiges Zeugnis der Binnenschifffahrt und Industriearchitektur. Speicher, Krananlagen und Gleise erzählen von einer bewegten Vergangenheit – und offenbaren zugleich das große Potenzial für die Zukunft dieses geschichtsträchtigen Ortes.
Im heutigen Alten Handelshafen begegnet man nicht nur den restaurierten Kettenschleppdampfer Gustav Zeuner, sondern auch weiteren Exponaten der Elbeschifffahrt, historische Schienenfahrzeuge und spannenden Ausstellungsstücken.

Wo Geschichte auf Zukunft trifft

Zentrum für Innovation | Foto: Romy Buhr

Zentrum für Innovation und Wissenstransfer

Heute ist der Wissenschaftshafen ein lebendiger Ort des Austauschs. Hier treffen sich Forschung, Lehre und Unternehmertum. Einrichtungen wie das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF), das Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme oder der Forschungscampus STIMULATE für Medizintechnik sind hier ansässig.
Forschungsexpedition Magdeburg | Foto: MMKT GmbH

Die Denkfabrik und der Elbedome

Ein Highlight ist die Denkfabrik, ein Innovations- und Gründerzentrum, das jungen Unternehmen Raum für kreative Ideen bietet. Im Elbedome, einem virtuellen Trainingszentrum, werden neue Produktions- und Logistikprozesse simuliert – ein faszinierender Ort für Technikbegeisterte.
Wissenschaftshafen | Foto: Jens Klein

Freizeit, Kultur und Tourismus

Neben Wissenschaft und Wirtschaft spielt auch der Tourismus eine wachsende Rolle. Spaziergänge entlang der Elbuferpromenade, Führungen durch das Quartier oder ein Besuch im Café Treibgut machen den Wissenschaftshafen zu einem attraktiven Ausflugsziel für Gäste und Einheimische gleichermaßen
Kettenschleppdampfer Gustav Zeuner | Foto: Jens Klein

Kettenschleppdampfer Gustav Zeuner

Die Gustav Zeuner ist der einzige originalgetreu restaurierte Kettenschleppdampfer Deutschlands – und sie liegt heute im Magdeburger Wissenschaftshafen.
1894 in Dresden - Übigau gebaut, zog sie sich ab 1895 ganze 843 km auf der Elbe an einer schweren Kette entlang und transportierte gewaltige Lasten. Bis 1931 war sie im Einsatz, danach diente sie noch Jahrzehnte als Umkleidekabine, Bootsschuppen und Restaurant am Fermersleber Hafen, bevor sie fast verfiel.
Erst 2006 begann die aufwendige Restauration: In fünf Jahren wurde das Schiff Stück für Stück rekonstruiert – mit originalen Dampfmaschinen, Greifrad und den typischen Wasserstrahl-Turbinen.
Heute ist die Gustav Zeuner ein einzigartiges technisches Denkmal. Mit ihren stolzen 55 Metern Länge, ihrer genieteten Stahlkonstruktion und spannender Technik macht sie die Geschichte der Elbschifffahrt wieder lebendig.
Taucherschacht II | Foto: Jens Klein

Taucherschacht II

1898 auf der Berliner Werft R.A. Wens & Co. gebaut, war der Taucherschacht II ein spezielles Arbeitsschiff ohne eigenen Antrieb. Mit 31,67 m Länge, 11,56 m Breite und einer Verdrängung von 258 Tonnen diente er als schwimmende Basis für Caissontaucher.
Im Vorschiff befanden sich Kajüten, Kombüse und eine Toilette. Auffällig war die 6 Meter hohe Taucherglocke an Backbord, die in Führungsschienen lief, während ein 16.000-Liter-Ausgleichstank an Steuerbord für Stabilität sorgte.
Eimerkettenschwimmbagger „Otter“
Der 1899 in Magdeburg gebaute Bagger war zunächst 17,20 m lang und 4,70 m breit, wog etwa 70 Tonnen und hatte seinen Heimathafen in Tangermünde. 1962 wurde er auf 20,18 m Länge und 5,15 m Breite vergrößert. Mit einer Baggertiefe von 4 m und einer Eimerkette mit 32 Eimern konnte er Kies und Sand aus dem Flussbett heben.
Im Vorschiff lag der Maschinenraum mit Mast und Eimerkette, achtern befanden sich Wohnräume für Schiffsführer und Maschinist sowie das Steuerhaus.
Maße der zugehörigen Kiesschute: 18,48 m Länge, 5,10 m Breite, Tiefgang 2,05 m.
Foto: Romy Buhr

Eisenbahnhubbrücke

Mit dem Bau des Handelshafens (1893) entstand auch die Eisenbahnhubbrücke über den Einfahrtskanal – errichtet 1894 als genietete Stahlbogenbrücke. Sie zählt zu den ältesten Eisenbahnbrücken Deutschlands.
Die Brücke besaß eine lichte Weite von 26 m und konnte bis zu 4,65 m angehoben werden, um Schiffe passieren zu lassen. 1936 wurde sie elektrifiziert, ab 1980 jedoch stillgelegt und das Hubteil fixiert.
Nach umfangreicher Sanierung ist die historische Brücke heute wieder für Fußgänger und Radfahrer geöffnet.
Elbefloß | Foto: Jens Klein

Elbefloß

Über Jahrhunderte wurden Baumstämme aus den böhmischen Wäldern auf der Elbe bis nach Hamburg geflößt. Ein Floß bestand aus fünf großen Tafeln („Klifte“), war bis zu 130 m lang und 13 m breit und konnte mehrere Lagen Holz („Magdeburger Böden“) transportieren.
Die Besatzung von etwa fünf Männern lebte mehrere Tage auf dem Floß – mit Kochstellen, Schlafplätzen und einfachen Hütten. Gesteuert wurde mit großen Rudern („Pätschen“), gebremst mit zugespitzten Holzbalken („Schrick“).
Mit dem Ausbau der Eisenbahn verlor die Flößerei an Bedeutung. Heute wird sie in Traditionsveranstaltungen fortgeführt und ist von der UNESCO als Immaterielles Kulturerbe anerkannt.